Kunstwerke
Kunstwerk 1-12 von 12
Karen Knorr & Olivier Richon – Statement on Punks
Diese Fotografien entstanden 1977 in verschiedenen Londoner Clubs wie dem Roxy in Covent Garden oder dem Global Village in Charing Cross. Im Mittelpunkt stehen die weiblichen Ikonen des Punk – Ari Up, Laura Logic, Palmolive, Poly Styrene und Siouxie waren nur einige der vielen weiblichen Musikerinnen, die ihr Recht in einer bis dato von Männern dominierten Musikszene behaupteten. Diese Fotografien stellen eine Hommage an die Frauenpower der 70er Jahre dar.
Die Punks posierten und performten vor unserer Kamera. Wir besuchten die Clubs innerhalb von drei Monaten einige Male und trafen oft dieselben Leute wieder, die in dieser kurzen Zeit ihren selbstgemachten Look aus zerrissenen und zusammengeflickten Sachen mitunter radikal verändert hatten.
Da wir zusammen arbeiteten, konnten wir die Lichtsituation kontrollieren, oft mit einem externen Blitz. Und so gelang uns zugleich eine ungezwungene Begegnung mit den Menschen. Wir wollten diese heimliche Schnappschuss-Strategie hinter uns lassen, bei der der Fotograf unsichtbar auf den wahren Moment wartet, genauso wie die dazugehörige körnige, grobe Bildqualität.
Wir wählten die direkte Konfrontation mit unserem Motiv. Aus diesem Grund sind unsere Bilder gestellt und interagieren mit unserer eigenen Anwesenheit anstatt ihr auszuweichen. Diese formale Herangehensweise war beabsichtigt, um die Symbolik des Punk zu unterstreichen und lesbarer zu machen.
Uns war es wichtig, die Menschen danach zu fragen, ob sie für uns posieren würden – so waren sie sich der Kamera bewusst, ohne sich in den Vordergrund drängen zu müssen. In diesem Sinne sind die Fotos sowohl Porträts als auch Dokumentationen. Die Architektur des Clubs kann mit einer Dunkelkammer verglichen werden, in dem Bilder gerade erst im Entstehen begriffen sind. Der Club wird zu einem Studio – einem fensterlosen Raum, der sich lediglich durch künstliches Licht vor einem dunklen Hintergrund definiert. Das Motiv liegt in nahezu völliger Dunkelheit und versetzt die Kamera und den Fotografen in die Position eines beinahe blinden Betrachters. Nur der Blitz macht Gesten und Details sichtbar, die im Moment der Aufnahme unsichtbar sind. Die Pose verleiht den Porträts einen bildhaften und dokumentarischen Charakter, der über die Anmutung einer Momentaufnahme hinaus geht. Und dennoch friert der Blitz die Zeit ein und verwandelt die Pose in einen Schnappschuss.
In der fotografischen Praxis werden ¬zwei Kernaspekte im Zusammenhang mit Zeit diskutiert (Thierry de Duve 1977): Der Schnappschuss, der die Zeit einfriert und die Pose, die die Zeit konserviert. Der Schnappschuss hat etwas Manisches, er jagt das Ereignis und erlegt die Fragmente der Realität wie ein Tier die Beute. Die Pose dagegen gehört zur melancholischen und nachdenklichen Seite der Fotografie. Die Unbeweglichkeit des Motivs und der Zwang zur Regungslosigkeit erzeugt die versteinerte Fremdartigkeit einer Statue. Der Schnappschuss ergreift den Moment, während das Standbild die Zeit aufbewahrt. Porträtfotografie – oder sogar Fotografie an sich – ist die Kunst, die Abwesenheit von Zeit abzubilden. Diese Abwesenheit ist immer schon ein Abbild und zugleich seine Bedingung.
Karen Knorr ließ sich in den 1970er Jahren in England nieder. Ihre Arbeiten waren Ergebnis einer kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung, die sich in den 70ern vor allem um repräsentationspolitische Fragestellungen drehte. Knorrs Themen reichten von der Beschäftigung mit dem Lebensstil einer privilegierten Minderheit, die in einer der wohlhabendsten Stadtteile Londons lebte (Belgravia, 1979-1981) bis hin zu Arbeiten in Indien (India Song, 2008-15) und schließlich in Japan (Monogatari 2012- 2015), wo die Rolle der Tiere und ihre Darstellung in der Kunst im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen.
Ihre Fotografie entwickelte einen kritischen und verspielten Dialog mit der dokumentarischen Fotografie. Dabei verwendete sie verschiedene visuelle und textliche Strategien, um ihre Themen zu untersuchen – angefangen von Familie, Lebensstil bis hin zu Tieren und ihrer Darstellung im musealen Kontext.
Knorrs Arbeiten wurden weltweit ausgestellt und befinden sich sowohl in privaten als auch in öffentlichen Sammlungen auf der ganzen Welt wie bspw. in der Tate, London und im Centre Pompidou, Paris. Sie produzierte mehrere Monographien, unter anderem Punks, 2013 in Zusammenarbeit mit Oliver Richon. Außerdem ist sie Professorin für Fotografie an der University for Creative Arts in Farnham, Surrey.
Oliver Richon wurde 1956 in Lausanne geboren. Er studierte Film und Fotokunst an der Polytechnic of Central London. Er ist Professor und hat die Programmleitung für Fotografie am Royal College of Art in London.
Ausstellungen
Einzelausstellungen
Punks and Teds , Photographers Gallery , London 1978
Punks , Karen Knorr, Olivier RIchon , Eric Franck , Paris Photo , November13- 17 2013
Punks , Karen Knorr , Olivier Richon , Ibid, London , December 18- Feb 1 2013
Forthcoming exhibition at Materia , Rome in March 2016
Kürzliche Ausstellungen von Olivier Richon:
Fotografia Dal Nord Europa, Foundazione Fotografia, Modena (2015).
Anima Mundi, Max Lust Gallery, Vienna (2015)
Waren und Wissen, Weltkulturen Museum Frankfurt (2014);
Acedia, Ibid. London (2013),
Another London, Tate Britain (2012).
Publikationen
Punks , Gost books , London 2013
The Village Cry, Rolf Paltzer and Beat Presser,Basel 1977.
Sounds, July 2, 1977.
About 70 Photographs, edited by Chris Steele-Perkins and William Messer, Arts Council of Great Britain 1980.
Camerawork 12, Half Moon Photography Workshop, London 1979?
Karen Knorr El Ojo Que Ves, La Fabrica and University de Cordoba 201
Eine von Richons Monographien, Real Allegories, wurde 2006 von Steidl veröffentlicht.
Bevorstehende Veröffentlichungen umfassen das Künstlerbuch "Acedia and Idleness"
und den Bildband von Walker Evans: Kitchen Corner, Alabama 1936, veröffentlicht von Afterall.
Auszeichnungen, Sammlungen
Tate, London
Centre Pompidou, Paris