Kunst und Kunstfotografie
Künstler – Beruf oder Berufung?
Wo Kunst anfängt und wer gar als ein Meister seines Fachs gilt, ist auch für Experten nicht immer offensichtlich. Künstler gibt es streng genommen erst seit Beginn des 15. Jahrhunderts – damals fand nicht nur das Werk, sondern zum ersten Mal auch die Person des Künstlers mehr Beachtung.
Einige der Künstler wurden regelrechte Stars, die von den adeligen Auftraggebern engagiert wurden, um vornehmlich deren Eitelkeit mit Porträtmalerei zu befriedigen. Die Besten wurden mit Privilegien, Adelstiteln und Pensionen umworben, um sie bei Hofe zu halten. Die Künstler wiederum taten gut daran bei Ihren adeligen Auftraggebern Eindruck zu schinden, indem sie sich auf ihre göttliche Begabung beriefen und sich damit vom Kunsthandwerk abgrenzten.
Das hört sich heute zwar etwas angestaubt an, aber wenn wir das „Göttliche“ mal mit Einzigartigkeit, Unverwechselbarkeit und Genialität ersetzen und den wohl gemeinten Applaus von Kuratoren, Kunstkritikern und Galeristen als Gradmesser gelten lassen, dann haben wir, neben den schnöden Umsatzranglisten, die besten Aussichten einen Künstler zu erkennen.
Ein echtes Ei hat uns Joseph Beuys noch auf den Pfad der Erkenntnis gelegt – mit seiner berühmten Aussage "Jeder ist ein Künstler". Das passt insbesondere auf die hintersinnige Kunst von Erwin Wurm, der mit seinen „One Minute Sculptures“ das Zitat in seinem Sinne modifiziert hat: „Jeder ist ein Kunstwerk“.
One Minute Sculpture ©Erwin Wurm
Wann wurde aus Fotografie Kunstfotografie?
Eine Abgrenzung zwischen angewandter Fotografie und Kunstfotografie ist ein heikles Unterfangen, zumal die Fotografie einige Runden drehen musste, bis sie den Weg in die Tempel der Kunst geschafft hatte. Wenn man das Thema vereinfachen will, könnte man sagen, dass der Künstler keinen Auftraggeber braucht, um mit seinem Werk zu beginnen, was ihn von der auftragsbezogenen Arbeit wie der journalistischen Fotografie, der Werbe- und Modefotografie unterscheidet. Das Denken in so großen Schubladen ist allerdings voller Unschärfe, denn auch bedeutende Vertreterinnen der journalistischen Fotografie, wie Barbara Klemm, erhielten zu Recht wichtige Einzelausstellungen in Museen. Auch die Popularität der Werke von Starfotograf Helmut Newton wurde schnell von der Werbung entdeckt und so kann eine vernünftige Abgrenzung zwischen Kunst und Kommerz nur bei der Natur des einzelnen Werkes beginnen. Wer jetzt glaubt sich schnell und einfach eine Meinung zu bilden, den führen wir mit den Werken von Bara Prasilova gerne aufs Glatteis.
Allein der Blick auf die vielen Genres zeigt uns die Potenz von Fotografie und das breite Feld zwischen angewandten und freien Werken. Mit dem Einzug von Instant-Fotografie per Digitalkamera und Handy, virtuellen und hyperrealen Bildern durch den Computer, sowie der unerschöpflichen digitalen Bilderflut via Instagram, Flickr & Co ist die Fotografie vom Massenmedium zum Megamedium der Gegenwart geworden. Roland Barthes hält die Fotografie bereits 1980 für nicht klassifizierbar und spricht ihr gar den Status des Zeichens ab. Zu eng sei das Bild an sein Bezugsobjekt gebunden: „Was immer auch ein Foto dem Auge zeigt und wie immer es gestaltet sein mag, es ist doch allemal unsichtbar: es ist nicht das Foto, das man sieht.“ Wendy McMurdo ist eine der ersten Fotografinnen, die sich mit dem Phänomen von Abbild und Identität im Zeichen des digitalen Wandels auseinander setzt. Weiter