Kunstwerke

Kiên Hoàng Lê – Unterwegs in anderen Welten

Typisch für die dokumentarische Fotografie von Kiên Hoàng Lê ist eine Kamera, die scheinbar ganz nah an ihrem Bezugsobjekt ist, ohne dabei aufdringlich zu wirken. So gelingt es Privates zu erzählen, ohne zu entblößen. Die beste Tarnung für solche Momente gelingt, wenn man dafür Zeit investiert. Über zweieinhalb Jahre begleitete Lê Mitglieder des deutschen Kapuzinerordens in und außerhalb ihrer Klöster, um den Klischees und Gewohnheiten dieser eigenen Welt nachzugehen. Bei aller Offenheit bilden die Kapuziner einen kleinen Kosmos für sich, in dem sich Lê erst einmal zurechtfinden musste. Zu Gute kamen ihm dabei seine Erfahrungen, da er, nachdem er längere Zeit als Atheist lebte, über seine vietnamesische Herkunft zum Buddhismus fand und auf diesem Weg auch zu buddhistischen Klöstern.

„Irgendwann gehörte ich einfach zur Gemeinschaft, wurde von allen nur noch Bruder Kiên genannt“, erinnert sich Kiên Hoang Lê, der über mehrere Wochen in sechs Kapuzinerklöstern lebte. Das Schlüsselerlebnis war eine Auftragsarbeit für eine Zeitung. „Doch dann wollte ich eintauchen in das Leben der Brüder, wollte Einblicke in ihren sonst verborgenen, aber doch ziemlich normalen Alltag geben“, erklärt er.

Es entstanden zahlreiche Aufnahmen in den Klöstern in Frankfurt, Stühlingen, Altötting und Assisi – unter anderem von Bruder Jürgen, der sich in den Waschraum zurückgezogen hatte, sitzend beim Fußbad, tief in seine Zeitung versunken oder von Bruder Paulus, verborgen hinter seinem Bildschirm, um E-Mails zu beantworten, oder von einem dösenden Kapuziner in der Sonne nach dem Küchendienst. Bilder, die über eine große Strecke intime Einblicke gewähren, mal meditativ, dann wieder zum Schreien komisch, jedoch immer voller Respekt und sensitiver Nähe.

„Wir sind eigentlich streng genommen gar keine Mönche, denn wir leben mitten im Alltag der Menschen, üben uns in der Toleranz und können die Dinge einfach auch mal sein lassen“, so Bruder Pirmin vom Frankfurter Liebfrauenkloster über die Lebensweise der Mönche. „Natürlich sind wir noch an der Kapuze zu erkennen, die wir aufziehen, wenn wir uns zurückziehen wollen.“


VITA

2013  BA Advanced Storytelling, Danish School of Media & Journalism

2013  DAAD scholarship, 6 months Japan
2012   Fotograf bei der F.A.Z.
2011   Fotoprojekte über die Mittelschicht Afrika (Malawi, Tanzania, Kenia)
2009  Fotojournalismus and Dokumentar Fotografie, Hannover
2007  MSc Virtual Environments, Manchester (UK)
2005  Diplom in Informations Technologie, Berlin (Germany)


Ausstellungen (Auswahl)

2014 solo exhibition »Nihon no nikki«, Former Bank of Japan, Hiroshima
2013 group exhibition »Glücksfälle und Störfälle«, Museum for Communikation, Frankfurt am Main
2012 solo exhibition »The middle class of Africa«, Hannover
2012 group exhibition »Glücksfälle und Störfälle«, Museum for Communikation, Berlin
2011 group exhibtion »Flashlight Kosice«, Kosice
2011 group exhibtion »10 years Photojournalism & Documentary Photography«, Hannover
2010 solo exhibition »portrait series Clinic-Clowns«, Hannover
2010 group exhibition »architecture along the read path«, Hannover